ISSN: 2155-6148
Martin Kieninger, Tobias Finzel, Nina Zech, Milena Seemann, Sylvia Bele und Holger Künzig
Hintergrund: Unzureichender Stuhlgang ist ein häufiges Problem bei Intensivpatienten. Ziel dieser Studie war es, die Häufigkeit gestörter Stuhlgänge bei kritisch kranken neurochirurgischen Patienten zu quantifizieren und den Einfluss auf den intrakraniellen Druck (ICP) und die Behandlung auf der Intensivstation (ICU) zu untersuchen.
Patienten und Methoden: Die Daten wurden retrospektiv während der Behandlung auf einer neurochirurgischen Intensivstation über einen Zeitraum von drei Jahren erhoben. Der tägliche Stuhlgang wurde als ausreichend angesehen, wenn das Stuhlvolumen mehr als 150 ml flüssigen oder breiigen Stuhl betrug oder der Patient genügend geformten Stuhl produzierte. Die Patienten wurden in die Gruppe „ausreichender Stuhlgang“ eingeteilt, wenn während der Intensivbehandlung kein Zeitraum von mehr als drei aufeinanderfolgenden Tagen ohne ausreichenden Stuhlgang auftrat, bzw. in die Gruppe „unzureichender Stuhlgang“. Eine dritte Gruppe wurde mit Patienten gebildet, die an sieben aufeinanderfolgenden Tagen oder länger an Verstopfung litten.
Ergebnisse: Von den insgesamt 73 erfassten Patienten zeigten 11 ein ausreichendes Defäkationsmuster. Innerhalb der ersten zehn Tage des Intensivstationsaufenthaltes unterschieden sich die mittleren täglichen ICP-Werte nicht. Allerdings mussten Patienten mit insuffizienter Defäkation signifikant länger mechanisch beatmet werden (15,9 vs. 8,8 Tage) und benötigten signifikant länger intensivmedizinische Behandlung (24,8 vs. 15,6 Tage). Die mittlere kumulative Dosis von Sedativa, Sufentanil und Noradrenalin war bei Patienten mit insuffizienter Defäkation signifikant höher. Allerdings waren selbst lang anhaltende Obstipationsperioden nicht mit einem klinisch relevanten ICP-Anstieg verbunden.
Schlussfolgerung: Neurochirurgische Intensivpatienten weisen häufig Verstopfung auf. Diese führt nicht zu erhöhten ICP-Werten im Vergleich zu Patienten ohne Verstopfung. Stuhlgangstörungen sind mit höheren Dosierungen der Analgosedierung und Vasopressortherapie assoziiert. Patienten ohne Verstopfung müssen weniger lange beatmet werden und können früher aus der Intensivstation entlassen werden.