ISSN: 2161-0487
Carolina Maggio, Friederike Meckel Fischer, Nadav L Modlin, James Rucker
Aktuelle Studien haben vielversprechende Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit der psychedelischen Therapie bei behandlungsresistenter Depression (TRD) vorgelegt und erste Hinweise auf eine schnelle und anhaltende Wirkung bei dieser Patientengruppe geliefert. Obwohl es weder in der Vergangenheit noch in modernen Studien stichhaltige Daten zur Rolle des Therapeuten gibt, wird die therapeutische Allianz als zentrale Komponente des Behandlungsmodells betrachtet und als untrennbar von den subjektiven Auswirkungen des Medikaments bei der Erzielung therapeutischer Ergebnisse angesehen. In der modernen psychedelischen Forschung haben die transpersonale und die kognitive Verhaltenspsychologie der dritten Welle eine wichtige Rolle bei der Konzeptualisierung der Behandlung und der gewählten Interventionen des Therapeuten gespielt. Die intensiven emotionalen Episoden, die während der psychedelischen Erfahrung auftreten können, weisen jedoch auch auf das Vorhandensein intersubjektiver Dynamiken hin, wie etwa das Vorhandensein von Übertragung und Gegenübertragung in der therapeutischen Beziehung, zu denen die psychoanalytische Theorie möglicherweise Erkenntnisse liefert und deren Umfang und Bedeutung noch nicht Gegenstand von Studien waren.
Der vorliegende Artikel untersucht die Rolle der therapeutischen Beziehung als dynamischer Prozess im Kontext der Objektbeziehungstheorie (ORT) und der Bindungstheorie (AT). Er postuliert, dass TRD aus Bindungsschäden in frühen Lebensjahren resultieren kann und dass die Rolle des psychedelischen Therapeuten aufgrund der berichteten regressiven Natur der psychedelischen Erfahrung eine reparative Funktion hat und dass ihre akutesten Auswirkungen mit einer mystischen Erfahrung zusammenhängen. Der Artikel untersucht auch die Natur der „Nichtdualität“ aus psychoanalytischer Sicht und wie sie sich im Auftreten der Ich-Auflösung im psychedelischen Zustand sowie in der Affektivität zeigt. In Anbetracht der mysteriösen Natur der psychedelischen Erfahrung konzeptualisiert dieser Artikel die psychedelische Therapie als einen fließenden und höchst zwischenmenschlichen Prozess; eine intersubjektive Entwicklungsbegegnung innerhalb der therapeutischen Beziehung und zwischen Patienten und der psychedelischen Erfahrung. Es werden die Erfahrungen zweier Patienten berichtet, die sich einer psychedelischen Therapie mit Psilocybin gegen TRD unterzogen und in Kombination mit den Supervisionsnotizen der Therapeuten werden anonymisierte Fallstudien mit dem Einverständnis der Teilnehmer präsentiert.