ISSN: 2157-7064
Fabrice Gritti
Der Retentionsmechanismus polarer/geladener Analyten in der hydrophilen Interaktionsflüssigkeitschromatographie (HILIC) bleibt durch die Messung allein ihrer Retentionsfaktoren unklar. Das liegt daran, dass sich die thermodynamischen Eigenschaften nur auf das Gleichgewichtsverhältnis zwischen der Konzentration in der mobilen Phase und der in der stationären Phase beziehen. Sie liefern keine Erkenntnisse über ihre mikroskopische Verteilung über das Mesoporenvolumen. Chromatographen können nicht eindeutig feststellen, ob Analyten an der Oberfläche von HILIC-Adsorbentien adsorbiert oder zwischen der Masse und der wasserreichen Grenzflächenschicht verteilt werden oder ob sowohl Adsorptions- als auch Verteilungsmechanismen am Retentionsmechanismus beteiligt sind. Um diese Unklarheit aufzuklären, wird vorgeschlagen, chromatographische Daten (Retentionsfaktor, inverser Größenausschluss, Probendiffusion entlang des Betts) mit Daten der Molekulardynamik (MD) zu kombinieren. Letztere liefern mikroskopische Informationen über die Struktur des Eluenten und die durchschnittliche Mobilität des Analyten über die Mesopore. Dies ermöglicht 1) die klare Abgrenzung zwischen drei Porenbereichen: der an der festen Oberfläche adsorbierten starren Wasserschicht, der diffusen Wasserschicht an der Grenzfläche und dem Volumenbereich, 2) die Messung der Adsorptions- und Verteilungsgleichgewichtskonstanten des Analyten zwischen diesen drei Porenbereichen und 3) die Konzentrationsverteilung des Analyten im Porenvolumen. Die Vorteile dieses neuen Ansatzes werden für ein schwach retensives HILIC-Adsorbens (3,5 μm hybride organische/anorganische Silicapartikel) in Kontakt mit ternären Eluentenmischungen (Acetonitril/Wasser pH 5/drittes Lösungsmittel, 90/5/5, v/v/v) demonstriert. Das dritte Lösungsmittel weist verschiedene Polaritäten von Wasser bis n-Hexan auf. Die Ergebnisse zeigen, dass der Retentionsprozess von Nortriptylin trotz nahezu identischer Retentionsfaktoren im Wesentlichen durch einen Verteilungsmechanismus gesteuert wird, während der von Cytosin durch einen Adsorptionsmechanismus bestimmt wird. Auf der Anwendungsseite wird gezeigt, wie die Probenretention in HILIC durch Zugabe eines dritten Lösungsmittels in der mobilen Phase deutlich erhöht werden kann.