ISSN: 2155-9570
Lalit P Singh und Lorena Perrone
Chronische Hyperglykämie (HG)-assoziierter Stress durch reaktive Sauerstoff-/Stickstoffspezies (ROS/RNS) und leichte Entzündungen spielen vermutlich eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung diabetischer Retinopathie (DR). Übermäßiger Glukosestoffwechselfluss durch den Aldosereduktase-/Polyol-Stoffwechselweg, Bildung fortgeschrittener Glykationsendprodukte (AGE), erhöhter Hexosaminbiosyntheseweg (HBP), Diacylglycerol-/PKC-Aktivierung und mitochondriale ROS-Bildung sind alle an DR beteiligt. Darüber hinaus werden Stress/Unfolded Protein Response (er-UPR) des endoplasmatischen Retikulums und Deregulierung der mitochondrialen Qualitätskontrolle durch Autophagie/Mitophagie beobachtet, die zellulären bioenergetischen Mangel und Schäden verursachen. Kürzlich wurde gezeigt, dass ein prooxidatives und proapoptotisches Thioredoxin-interagierendes Protein (TXNIP) in DR und durch HG in kultivierten Netzhautzellen stark hochreguliert ist. TXNIP bindet an Thioredoxin (Trx) und hemmt dessen Fähigkeit zur Oxidationsmittelbeseitigung und Thiolreduzierung. Daher verursacht eine anhaltende Überexpression von TXNIP bei DR ROS/RNS-Stress, mitochondriale Dysfunktion, Entzündungen und vorzeitigen Zelltod. Ursprünglich galt DR als mikrovaskuläre Komplikation einer endothelialen Dysfunktion und eines Perizytenverlusts, die durch eine Verdickung der Kapillarbasalmembran, Perizytenghost, Leckage der Blut-Netzhautschranke, azelluläre Kapillar- und Neovaskularisierung gekennzeichnet ist. Inzwischen ist jedoch anerkannt, dass bei Diabetes auch Neuroglia von HG betroffen sind und dass bei DR früh neuronale Verletzungen, Glia-Aktivierung, angeborene Immunität/sterile Entzündung und Ganglionapoptose auftreten. Außerdem wird bei DR das retinale Pigmentepithel (RPE) dysfunktional. Da TXNIP in den meisten Zellen durch HG induziert wird, sind seine Wirkungen bei DR nicht auf einen bestimmten Zelltyp beschränkt. Je nach Stoffwechselaktivität und antioxidativer Kapazität können jedoch einige Zellen früher von TXNIP betroffen sein als andere. Die Identifizierung TXNIP-empfindlicher Zellen und die Aufklärung der zugrunde liegenden Mechanismen sind von entscheidender Bedeutung, um vorzeitigen Zelltod und das Fortschreiten von DR zu verhindern.